Und welchen Nutzen bietet es seinen Bewohnern?
Mit einem Haus, das von und mit der Sonne lebt, wird ein alter Menschheitstraum wahr: Die Rückbesinnung auf den Urquell aller Energien auf Erden, bereichert durch die Möglichkeiten der modernen Technik. Schon im antiken Griechenland kannte man das „Sonnenhaus des Sokrates“, das durch seine trapezförmige Öffnung nach Süden im Winter die Sonnenstrahlen bis tief ins Innere ließ, und die Wärme dort für die Nachtstunden in schweren Wänden speicherte. Bei hohem Sonnenstand im Sommer bot das großzügig bemessene Vordach kühlenden Schatten.
Damals gab es noch lange keine Sonnenkollektoren, nicht einmal Fensterglas.
Das Sonnenhaus unserer Tage, ob Wohnhaus oder Funktionsgebäude, ob Neubau oder sanierter Bestand, ist nicht nur gut wärmegedämmt (wie es sich für jedes „Effizienzhaus“ gehört), sondern bedient sich großzügig der zeitgemäßen Mittel solarer Energiegewinnung (aktiv und passiv), um mit letztlich sehr wenig Primärenergie auszukommen.
Eine steil bis senkrecht nach Süden geneigte, große Solarfläche und ein schlanker Wassertank im Gebäude sind Grundelemente des Konzeptes. Die fluktuierende Solarstrahlung, und die „Wärmekonkurrenz“ zeitgleich anfallender aktiver und passiver Sonnenenergienutzung gleicht der mehrere Kubikmeter Wasser fassende Pufferspeicher aus, in dem er solare Überschüsse über mehrere Tage oder sogar Wochen speichert. Sofern neben der Solarthermie noch zusätzliche, der Sonne zugewandte Flächen verfügbar sind, können diese sinnvollerweise zur solaren Stromerzeugung genutzt werden.
Auch bei Niedrigenergie-Wohnhäusern macht die Wärmebereitstellung mit 70 bis 80% den Löwenanteil beim Energieverbrauch aus. Deshalb wird im Sonnenhaus der solaren Wärmegewinnung Vorrang eingeräumt. Das Heizkonzept sieht für Heizung und Warmwasser einen Deckungsbeitrag von mindestens 50% mit vor Ort generierter und gespeicherter Solarenergie vor. Sonnenkollektoren, die Solarstrahlung unmittelbar und sehr effizient in Wärme umwandeln, haben sich seit Jahrzehnten für diese Aufgabe bestens bewährt. Da Energieangebot und Nachfrage selten zeitlich zusammenfallen, braucht es als Ausgleich einen Wärmespeicher (Wassertank). Von dort wird die Heizwärme über ein Niedertemperatur-Heizsystem im Haus verteilt und das Warmwasser zum Duschen entnommen. Ein optimiertes System-Management sorgt für eine effiziente „Verwaltung“ und Umwandlung der Solarenergie in Nutzwärme. Solarthermie ist eine bewährte, solide und sehr langlebige Technik.
In sonnenarmen Winterzeiten wird der Speicher bei Bedarf über eine redundante Zusatzenergiequelle nachgeheizt. Bei entsprechend dimensionierten Ganzjahres-Solarheizungen könnte man auch von einer „Notheizung“ sprechen.
Für die Gesamtenergieeffizienz (Primärenergiebedarf) eines Gebäudes hat die Wahl der eingesetzten Energieträger, so auch für die Zusatzheizung, ein entscheidendes Gewicht. Im „klassischen“ Sonnen-Einfamilienhaus ergänzt ein dosiertes Zuheizen im Winter mit heimischem Holz (= „solarer Langzeitspeicher“) die Sonnenheizung in ökologisch konsequenter Weise, auch im Hinblick auf den doppelt genutzten Pufferspeicher, der ein komfortables Stückholz-Heizen auf Vorrat ermöglicht. Wenn die Solaranlage bis zu zwei Drittel der Wärmeerzeugung übernimmt, kommt man typischerweise mit zwei bis höchstens vier Raummeter Brennholz über den Winter. Noch mehr Komfort bieten Automatik-Kessel (z.B. Pelletheizungen), die vor allem in Mehrfamilienhäusern zweckmäßigen Einsatz finden.
Elektrischer Strom ist zwar ein praktischer und vielseitiger, aber eben auch sehr kostbarer und primärenergiehaltiger Energieträger. Deshalb ist man im Sonnenhaus bestrebt den Stromverbrauch für die Anlagentechnik und den Haushalt zu minimieren. Insbesondere sollte auf strombasierte Wärmeanwendungen nach Möglichkeit ganz verzichtet werden. Selbstverständlich werden deshalb auch Wasch- und Spülmaschine an das Warmwassernetz angeschlossen. Der dann noch im Haushalt und gegebenenfalls für Elektro-Mobilität benötigte Strom kann mit einer zusätzlich installierten Photovoltaikanlage anteilig gedeckt oder kompensiert werden, je nachdem ob der solar erzeugte Strom überwiegend selbst genutzt oder ins Netz eingespeist wird.
Die wichtigsten Komponenten eines Sonnenhauses:
Welchen besondern Nutzen bietet das Sonnenhaus seinen Bewohnern ?
Dass Bau- und Heizkonzepte in der „Champions-League“ der Hocheffizienzhäuser eine erhöhte Investitionsbereitschaft erfordern, überrascht nicht. Langfristige Unabhängigkeit vor Krisen und steigenden Energiepreisen bei dennoch höchstem Wohnkomfort gibt es nicht zum Nulltarif. In wieviel Jahren sich die Mehrinvestition für eine großen Solaranlage auch immer rechnen wird (was kaum vorhersehbar ist), kann eines doch als nahezu zweifelsfrei angenommen werden: die mit der Verteuerung von Energie steigende Rendite des eingesetzten Kapitals. Denn es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die weltweit zunehmende Energienachfrage einerseits und die Rohstoffknappheit andererseits nicht zu einem weiteren Anstieg der Preise für fossile Energieträger führen wird. Auch die Energiewende und der damit verbundene Infrastrukturausbau kosten sehr viel Geld, das größtenteils der Stromverbraucher aufbringen muss.
Das ressourcenschonende Sonnenhaus-Energiekonzept befreit seine Bewohner von Zukunftsbelastungen dieser Art und ermöglicht auf diese Weise eine langfristig angelegte Altersvorsorge.
Wenn sich aber die Energiediskussion nur auf die für das Heizen und aus dem Stromnetz entnommene Energiemenge reduziert, läuft sie eingleisig. Sie ignoriert zugleich wichtige Fragen zur Sinnlichkeit des Wohnens. Und wenn es um die Unmengen an verbauter grauer Energie geht, bleibt sie oft sogar stumm. Wohnhäuser baut man nicht um ausreichend Montageflächen für Solarmodule zu generieren, einen großen Wassertank aufnehmen oder Rohrleitungen und Lüftungskanäle verlegen zu können. Man baut sie für Menschen und deren Wohnbedürfnisse. Menschen wollen frei atmen, ein gesundes Wohnklima, reichlich Tageslicht, wohlige Wärme im Winter, aber möglichst auch angenehme Kühle im Sommer. Vor allem aber wollen sie als Individuen selbst und frei entscheiden können, was ihnen gerade gut tut und was nicht. Sie wollen also weder von der Technik beherrscht werden, noch ständig Sparzwängen oder anderen Einschränkungen ausgesetzt sein.
„Solares Bauen“ im weiter gefassten Sinn geht also über die bloße Einhaltung von Energiestandards weit hinaus. Es bezieht in dem Wort „Energieverbrauch“ die Ökobilanz der Baustoffe und ihre Auswirkung auf das Wohnklima mit ein. Und mit „Solar“ meint es auch das Bedürfnis der Bewohner nach einem „sonnigen“, wohligen, vielleicht sogar ein wenig archaischen Lebensgefühl: Wärmende Strahlen von der Sonne, aus Böden und Wänden, oder von einem sichtbaren, knisternden Feuer im Kachelofen; komfortable Raumtemperaturen und ausgiebiges Duschen ohne Sparzwang dank solar erwärmtem Wasser, freies Fensterlüften nach Bedarf anstelle mechanisierter Zwangsbeatmung.
Text: Wolfgang Hilz