15.12.2004
Primärenergiebedarf nach Energieeinsparverordnung (EnEV) liegt in Theorie und Praxis bei nur 10 kWh/m² Jahr
Wie eine Diplomarbeit an der Fachhochschule Regensburg bestätigt, liegt der geplante und tatsächliche realisierte Primärenergiebedarf gemäß Energieeinsparverordnung (EnEV) von Sonnenhäusern bei nur zehn Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Damit unterschreitet ein Sonnenhaus, das zu mindestens 50 Prozent solar beheizt wird, den Primärenergiebedarf von KfW-Energiesparhäusern und Passivhäusern deutlich. Die Diplomarbeit „Sonnenhaus in Theorie und Praxis“ von Thomas Maier wurde von Professor Wilfried Scharf für Bauphysik betreut.
Gegenstand der Untersuchungen waren zwei Einfamilienhäuser in Niederbayern, die zu 50 und 70 Prozent solar beheizt werden. In seiner Abschlussarbeit am Fachbereich Bauwesen hat Diplomand Maier zunächst den Energiebedarf der Häuser auf Basis der Energieeinsparverordnung (EnEV) berechnet und simuliert. Anschließend hat er diesen mit dem tatsächlichen Verbrauch sowie mehreren Passivhäusern verglichen. Da es in der EnEV noch keine Rechenvorschriften für hohe solare Deckungsgrade gibt, hat Maier den Anteil der solaren Heizungsunterstützung mit Hilfe des Solarsimulationsprogramms Polysun ermittelt. Dies ist laut EnEV erlaubt.
Sonnenhaus Diergardt in Straubing
Für das Sonnenhaus Diergardt in Straubing ermittelte Maier einen Primärenergiebedarf nach EnEV von 8,3 kWh/m²a. Der theoretische Wert ist vergleichbar mit dem praktisch erzielten Primärenergieverbrauch. Wie der Diplomand nachwies, ist der extrem niedrige Verbrauch in erster Linie auf den hohen solaren Deckungsgrad von 70 Prozent sowie auf die Biomasseheizung zurückzuführen. Auch die Holzständerbauweise und der Verzicht auf eine elektrisch betriebene Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung wirken sich positiv auf den Primärenergieverbrauch aus.
Die wichtigste Voraussetzung für einen solch hohen solaren Deckungsgrad ist eine ausreichende Wärmedämmung auf unter 0,2 W/m²K. In dem Diergardt-Haus mit 220 Quadratmeter Wohnfläche und ausgebautem Dachgeschoss sind die Außenwände bis zu 50 cm stark. Der Wandkern besteht aus einer 16 plus 12 cm dicken Zellulosedämmung. Diese ist nach innen mit einer OSB-Platte abgeschlossen. Hierauf folgt eine 10 cm dicke Installationsebene, die ebenfalls wärmegedämmt ist. An der Außenseite befindet sich eine Lärchenholzverbretterung auf einer 35 mm starken, imprägnierten Holzweichfaserplatte. Die Holzfenster mit außenseitiger Aluschale und dreifacher Isolierverglasung weisen einen günstigen Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,9 W/m²K auf. Das Dach ist stärker gedämmt als die Wände.
Die Südseite des Dachs ist komplett verglast. In der Mitte befindet sich eine Solarstromanlage, zu beiden Seiten davon jeweils 30 Quadratmeter Sonnenkollektoren. Um im Winter einen hohen Solarertrag zu gewährleisten, hat Architekt Dasch bei der Dachneigung das hier erlaubte Maximum ausgeschöpft. Sie beträgt 41 Grad. Die Solarwärme wird in einem 9.700 Liter fassenden Pufferspeicher mit integriertem Warmwasserboiler gespeichert. Eine 25-Kilowatt-Stückholzheizung sorgt für den Restheizenergiebedarf.
Sonnenhaus Haas in Viechtach
Zweiter Untersuchungsgegenstand war das Sonnenhaus Haas in Viechtach. Für das zweigeschossige Holzhaus ermittelte Thomas Maier einen solaren Deckungsgrad von 50 Prozent sowie einen Primärenergiebedarf von 39,7 kWh/m²a. Dieser Verbrauch entspricht dem Wert von KfW-40-Häusern und Passivhausstandard. Bei letzteren liegt er zwischen 40 und 80 kWh/m²a. Der für ein Sonnenhaus vergleichsweise hohe Primärenergiebedarf ist auf die Gasheizung im Gebäude zurückzuführen. Würde die Familie Haas anstelle des Gaskessels eine moderne Biomasseheizung nutzen, läge der Primärenergiebedarf nach EnEV bei rund 12 kWh/m²a. Den tatsächlichen Verbrauch ermittelte der Diplomand bei 35 Prozent unter dem geplanten Primärenergiebedarf. Das Einfamilienhaus mit einer Nutzfläche von 200 Quadratmetern wurde wie das Sonnenhaus Diergardt in Holzständerbauweise errichtet. Auf dem Süddach sind 36 Quadratmeter Sonnenkollektoren installiert. Der Pufferspeicher mit integriertem 115-Liter-Boiler fasst 4.000 Liter.
In seiner Diplomarbeit wies Thomas Maier außerdem auf das angenehme und gleichmäßige Wärmeklima in den Häusern hin. Dieses ist auf Wandflächenheizungen zurückzuführen, die ihre Wärme in Form von langwelliger Strahlung abgeben. Schon bei niedrigen Heiztemperaturen von 30 bis 40 Grad sorgen sie für warme Umschließungsflächen und damit für ein behagliches Wohnklima.
Hintergrundinformation / Primärenergiebedarf nach EnEV von energieeffizienten Häusern:
- EnEV Standard: 100 – 120 kWh
- KfW-Energiesparhaus 60: 60 kWh/m²a
- KfW-Energiesparhaus 40: 40 kWh/m²a / Passivhausstandard
- Sonnenhaus: 10 kWh/m²a
- Nullheizenergiehaus: 0 kWh/m²a
- Nullenergiehaus: energieautark
Primärenergiebedarf nach EnEV:
Der Primärenergiebedarf von Gebäuden bezeichnet laut Energieeinsparverordnung (EnEV) die Energiemenge, die zur Deckung des Endenergiebedarfs benötigt wird. Zu den Energie-Einfluss-Faktoren zählen die Gebäudehülle, passive Energiegewinne durch Sonneneinstrahlung und Körperwärme, die Qualität der Heizungsanlage sowie der Warmwasserbedarf und die Effizienz der Warmwasserbereitung. Außerdem werden Energieverluste bei der Gewinnung, Aufbereitung und dem Transport von Energieträgern wie Heizöl und Strom berücksichtigt. Da der Primärenergiebedarf den gesamten Energieaufwand für die Gebäudeheizung beinhaltet, kann er als Beurteilungsgröße für ökologische Kriterien wie CO2-Emissionen herangezogen werden.
Diplomarbeit Thomas Maier:
Sonnenhaus in Theorie und Praxis – Untersuchung, Simulation und Dokumentation der energetischen Zusammenhänge von weitgehend solar beheizten Häusern, 2004
Betreuer: Professor Wilfried Scharf, Fachhochschule Regensburg