Jahresrückblick: neue Generation von Sonnenhäusern ist etabliert

Cottbus MFH energieautark: die Mieter der energieautarken Mehrfamilienhäuser in Cottbus zahlen eine Pauschalmiete mit Energieflat. Gebaut hat es die Wohnungsgenossenschaft eG Wohnen 1902. Foto: Helma Eigenheimbau

Das Sonnenhaus-Institut verzeichnet einen anhaltenden Trend hin zu Mehrfamilien-Sonnenhäusern. Während viele Jahre vor allem weitgehend solar beheizte Einfamilienhäuser gebaut wurden, verschiebt sich der Zubau mit dem bewährten solaren Energiekonzept zunehmend in Richtung Mehrfamilienhäuser und Geschosswohnungsbau. Darüber hinaus hat sich die 2014 eingeläutete neue Generation des Sonnenhauses, die sich durch Technologieoffenheit und Sektorenkopplung auszeichnet, mittlerweile etabliert.

„Sonnenhäuser werden längst nicht mehr nur in Süddeutschland, als Einfamilienhäuser und ausschließlich mit Solarwärmeanlagen gebaut“, betont Georg Dasch, 1. Vorsitzender des Sonnenhaus-Institut e.V. und räumt damit mit einigen noch weit verbreiteten Annahmen auf. „Die Sonnenenergie reicht auch in strahlungsärmeren Regionen als Süddeutschland aus. Unser nördlichstes Sonnenhaus steht beispielsweise in Schleswig-Holstein. Außerdem kommt das solare Energiekonzept mittlerweile häufig in Mehrfamilienhäusern, aber auch Gewerbegebäuden zum Einsatz.“ Für ihr Heizsystem haben Sonnenhaus-Bauherren die Wahl zwischen einer großen Solarthermie-Anlage, der Kombination von Solarthermie und Photovoltaik sowie einer großen Photovoltaikanlage mit solarstromgeführter Wärmepumpe.

Dieses energieautarke Mehrfamilienhaus hat die Wohnungsgenossenschaft Spar & Bau in Wilhelmshaven gebaut. Foto: Wilhelmshavener Spar und Bau Gesellschaft eG

„Viele Wege führen zum Ziel, um möglichst wenige fossile Brennstoffe zu verbrauchen und die CO2-Emssionen so stark wie möglich zu reduzieren“, fasst Dasch zusammen. Auch wenn das Kriterium für ein Sonnenhaus immer noch ein solarer Deckungsgrad von mindestens 50 Prozent in der Wärmversorgung für die Raumheizung und das Warmwasser ist, so hat der Verband seinen Fokus zwischenzeitlich erweitert. Im Idealfall erzeugen große Solarthermie- und Photovoltaik-Anlagen umweltfreundliche Energie für Wärme, Strom und Mobilität und sorgen für eine hohe Unabhängigkeit in der Energieversorgung. Die Bandbreite zeigen die folgenden Beispiele.

Pauschalmiete und Energieflat dank Solarenergie

Bei den Mehrfamilienhäusern lassen sich zwei Strömungen ausmachen. Zum einen steigt die Zahl an energieautarken Mehrfamilienhäusern mit Pauschalmiete und Energieflat. Das Energiekonzept mit Photovoltaik und Solarthermie sowie Strom- und Wärmespeicher für einen solaren Deckungsgrad von etwa 70 Prozent geht auf das Sonnenhaus-Konzept zurück und wurde von Professor Timo Leukefeld, Mitglied im Vorstand des Sonnenhaus-Institut e.V., für Kunden aus dem Finanzwesen, der Energie- und Wohnungswirtschaft entwickelt.

Seit Anfang dieses Jahres sind die ersten dieser innovativen Mehrfamilienhäuser in Cottbus und in Wilhelmshaven bezugsfertig. „Wir verkaufen nicht mehr Solaranlagen, sondern neue Geschäftsmodelle“, begründet Leukefeld den Erfolg des neuen Angebotes. Zurzeit befinden sich mehrere solcher Gebäude im Bau. Die Wohnungen sollen auch wieder mit Pauschalmiete und Energieflat angeboten werden. „Insgesamt rechnen wir für 2020 mit der Planung von weiteren 20 Mehrfamilienhäusern mit acht bis zehn Wohnungen, für 2021 mit 500 Wohneinheiten“, sagt Timo Leukefeld.

Klassische Sonnenhäuser mit Solarthermie

Daneben hält sich das klassische Sonnenhaus-Konzept, bei dem eine große Solarthermie-Anlage mindestens 50 Prozent des Wärmebedarfs solar erzeugt. Solche Gebäude sind beispielsweise in Osnabrück (Nordrhein-Westfalen) und Gronau (Niedersachsen) entstanden. Das Gebäude in Osnabrück beherbergt acht Wohnungen und zwei Büros, das in Gronau acht Wohnungen. In Regensburg wird zurzeit ein Mehrfamilien-Sonnenhaus  mit fünf Mietwohnungen errichtet.

Der erste Bauabschnitt der Eigentumswohnanlage Solardomizil der FASA AG in Chemnitz. 317 Quadratmeter Solarkollektoren für Solardomizil 1 und 2 decken rund die Hälfte des Wärmebedarfs solar. Foto: FASA AG

In Chemnitz hat die FASA AG im Herbst den Bau der zweiteiligen Eigentumswohnanlage „Solar-Domizil 1 und 2“ abgeschlossen. Die insgesamt 29 Wohnungen auf 3.000 m² Wohnfläche werden mit rund 370 Quadratmeter Solarkollektoren zur Hälfte solar beheizt. Aufgrund der großen Nachfrage nach diesen Wohnungen entschloss sich das Bauunternehmen zu dem dritten Bauvorhaben unmittelbar daneben. Im November dieses Jahres war Baubeginn für „Solardomizil 3“ mit 24 Wohnungen und einem höheren solaren Deckungsgrad.

Auch Photovoltaik mit solarstromgeführter Wärmepumpe ist möglich

Im Einfamilienhaussektor wurden mehrere Sonnenhäuser mit kombinierten PV- und Solarwärmeanlagen und entsprechenden Speichern gebaut. Dass Sonnenhäuser auch mit Photovoltaikanlage und Wärmepumpe möglich sind, zeigt das von Vorstandsmitglied Bernd Kerscher geplante und nun fertig gestellte Einfamilienhaus in leimfreier Massivholzbauweise in Starnberg, Bayern. Eine spezielle Steuerung sorgt dafür, dass bevorzugt Solarstrom für die Wärmepumpe genutzt wird. Rund 60 Prozent des Wärmebedarfs werden solar gedeckt, beim Haushaltsstrom wird ein Autarkiegrad um die 90 Prozent erreicht. Die erzeugte Wärme wird in einem größeren Pufferspeicher, als es bei der Kombination PV & Wärmepumpe sonst üblich ist, zwischengespeichert. Für die Stromspeicherung wurde eine Salzwasserbatterie installiert.

 

Engagement in der Politik

Auf dem Bayerischen Energiegipfel: Andreas Engl, Minister Hubert Aiwanger und Bernd Kerscher Foto: Andreas Engl

Um das hohe Potenzial der Solartechnik mit den entsprechenden Speichern für die CO2-Einsparung und Reduktion des Primärenergiebedarfs weiter bekannt zu machen, engagieren Dasch und seine Vorstandsmitglieder sich in anderen Verbänden und politischen Gremien. So ist das Sonnenhaus-Institut beispielsweise Gründungsmitglied des Solarverbandes Bayern e.V.

Der Dachverband der bayerischen Photovoltaik- und Solarthermie-Branche wurde im Frühjahr 2019 gegründet. Für den Solarverband Bayern hat Bernd Kerscher, Vorstandsmitglied in beiden Vereinen, in diesem Jahr im Bayerischen Energiegipfel mitgearbeitet.

 

 

Auszeichnungen für private und gewerbliche genutzte Sonnenhäuser

Das Strohballen-Sonnenhaus Müller holte in der Kategorie „Wohnungsbau“ des HolzbauPlus-Wettbewerbs den ersten Platz. Auf dem Dach erzeugt eine Photovoltaikanlage Strom, an der Fassade produziert die Solarthermie-Anlage Wärme für die Raumheizung und das Warmwasser. Foto: Sonnenhaus-Institut / Arno Witt

Gleich drei Auszeichnungen gewannen Bauherren in diesem Jahr. Im Januar landete das Strohballen-Sonnenhaus von Familie Müller in dem HolzbauPlus-Wettbewerb des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in der Kategorie „Wohnungsbau“ auf dem ersten Platz. In dem gleichen Monat wurde das Firmengebäude der Naturkosmetikfirma Aromapflege mit dem „Holzbaupreis Tirol 2019“ ausgezeichnet.
In Plottendorf in Thüringen konnte Familie Erler, die eine alte Scheune ihres denkmalgeschützten Vierseithofs zum solar beheizten Wohnhaus umgebaut hat, den Denkmalschutzpreis des Landkreises entgegen nehmen.

In diesem Jahr konnte das Sonnenhaus-Institut außerdem namhafte neue Mitglieder begrüßen, so zum Beispiel die Stromspeicherhersteller E3/DC und Greenrock/BlueSky Energy. „Wir werden nicht nachlassen in unserem Bestreben, das Sonnenhaus als Baustandard zu etablieren“, sagt Dasch. „Es ist die perfekte Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie, wie sie ursprünglich geplant war.“

Pressemitteilung, 10.12.19

 

Weitere Informationen zu Bauvorhaben:

Energieautarke Mehrfamilienhäuser von Timo Leukefeld
www.timoleukefeld.de
Spar + Bau Wohnungsgenossenschaft Wilhelmshaven
eG Wohnen 1902 in Cottbus
Mehrfamilien-Sonnenhaus in Osnabrück (Architektin Anja Machnik)
Mehrfamilien-Sonnenhaus Bauer in Regensburg (Lebensraum³)
Solardomizil (I, II und III) in Chemnitz ( FASA AG)
Strohballen-Sonnenhaus Müller gewinnt Holzbaupreis
Holzbaupreis Tirol für Firmengebäude von Aromapflege
Sonnenscheune Plottendorf – Sanierungsprojekt in Thüringen
Sonnenhaus Hövel: Minimale Energiekosten und maximale Unabhängigkeit

Für Presserückfragen:

Sonnenhaus Institut e.V.
Dipl.-Ing. (FH) Christian Kerschl
Geschäftsführer
Nordweg 11
94469 Deggendorf
Tel.: 0991 / 2909844

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